Rodin Eckenroth/Getty Images News via Getty Images
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Guido Imbens hat mit seiner Arbeit zur Kausalanalyse in der Ökonomie einen Nobelpreis erhalten. Seine Methoden erlauben es, Ursache-Wirkungs-Beziehungen präziser zu untersuchen, was weitreichende Auswirkungen auf die Wirtschaftsforschung und Politik hat.
Die Bedeutung der Kausalanalyse
Kausalanalyse ist ein Schlüsselbegriff in der modernen Ökonomie. Sie hilft dabei, Zusammenhänge zwischen verschiedenen Faktoren besser zu analysieren. Ökonomen stehen oft vor der Frage: Was ist Ursache und was ist Wirkung? Durch präzise Methoden lassen sich Zusammenhänge ermitteln, die nicht bloß auf Korrelationen beruhen.
Dies ist entscheidend, denn Korrelation allein zeigt nicht, ob eine Veränderung in einer Variablen tatsächlich eine andere beeinflusst. Hier setzt die Kausalanalyse an und liefert Werkzeuge, um solche Fragen zu klären.
Empirische Kausalanalyse durch natürliche Experimente
Guido Imbens und Joshua Angrist haben in den späten 1980er und frühen 1990er Jahren die Methodik der Kausalanalyse maßgeblich weiterentwickelt. Sie begannen, natürliche Experimente durchzuführen, um kausale Zusammenhänge besser identifizieren zu können.
Anders als kontrollierte Experimente, die in Laboren durchgeführt werden, basieren natürliche Experimente auf realen, ungeplanten Ereignissen. Diese bieten Forschenden die Möglichkeit, Ursache-Wirkung-Beziehungen in der realen Welt zu untersuchen, ohne selbst eingreifen zu müssen.
Die Herausforderung der Identifizierung
Die großen Fragen der Wissenschaft sind jene nach Ursache und Wirkung. Mit empirisch beobachtbaren Daten lassen sich Korrelationen leicht zeigen, doch die Abschätzung eines kausalen Einflusses ist oft schwierig. Ein bekanntes Beispiel ist die Korrelation von Geburten und Storch-Populationen in Europa.
Eine hohe Korrelation von 62 % bedeutet nicht zwangsläufig, dass der Storch die Kinder bringt. Vielmehr kann es sein, dass ländliche Regionen sowohl mehr Störche als auch mehr Geburten aufweisen.
Diese scheinbar einfachen Zusammenhänge sind in der Ökonomie oft viel komplexer. Forscher wie Imbens, Card und Angrist haben gezeigt, wie wichtig es ist, den Unterschied zwischen Korrelation und Kausalität zu verstehen, um fundierte Schlüsse zu ziehen und die richtigen politischen Maßnahmen abzuleiten.
Der methodische Beitrag von Guido Imbens
Die Arbeiten von Guido Imbens haben die Methodik natürlicher Experimente verfeinert. Eine seiner bekanntesten Entwicklungen ist der „Local Average Treatment Effect“ (LATE). Mit diesem Ansatz wird gezeigt, dass die Ergebnisse aus natürlichen Experimenten oft nur für eine bestimmte Gruppe von Menschen gelten – nämlich für jene, die an der Schwelle einer Entscheidung stehen. Das bedeutet, dass nicht alle Individuen gleich auf eine Maßnahme reagieren.
Angrist und Imbens entwickelten gemeinsam Methoden, um aus natürlichen Experimenten präzise Schlussfolgerungen zu ziehen. Das war ein entscheidender Fortschritt für die empirische Kausalanalyse, da es Forschenden erlaubte, detailliertere und differenziertere Aussagen zu treffen.
Der Nobelpreis und die „Fab Four“
Am 11. Oktober 2021 gab die Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften bekannt, dass der Wirtschaftsnobelpreis zur einen Hälfte an David Card und zur anderen Hälfte an Joshua Angrist und Guido Imbens verliehen wird. Während Card für seine empirischen Beiträge zur Arbeitsmarktökonomie ausgezeichnet wurde, erhielten Angrist und Imbens den Preis für ihre methodischen Beiträge zur Analyse kausaler Zusammenhänge.
Diese Auszeichnung ehrt auch die Arbeiten von Alan B. Krueger, einem weiteren Pionier auf diesem Gebiet, der 2019 verstarb. Jörn-Steffen Pischke bezeichnete die vier Forscher als die „Fab Four“ der natürlichen Experimente. Mit dieser Auszeichnung knüpft das Komitee an die Preisvergabe von 2019 an, als Abhijit Banerjee, Esther Duflo und Michael Kremer für ihren Ansatz geehrt wurden, kausale Effekte im Rahmen von Feldexperimenten zu identifizieren.
Während diese Forscher experimentelle Ansätze nutzten, zeigen Angrist und Imbens, wie man auch in nicht-experimentellen Situationen zuverlässige kausale Analysen durchführen kann.
Praktische Anwendungen und Einfluss auf die Politik
Die Arbeiten von Guido Imbens haben es ermöglicht, wichtige Fragen der Wirtschaftspolitik besser zu beantworten. Ein Beispiel ist die Untersuchung der Wirkung des Mindestlohns auf die Beschäftigung. Mithilfe natürlicher Experimente konnte gezeigt werden, dass eine Erhöhung des Mindestlohns nicht zwangsläufig zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit führt, wie oft befürchtet.
Diese Erkenntnisse beeinflussen politische Entscheidungen und zeigen die Bedeutung der empirischen Kausalanalyse. Durch die Methoden von Imbens können Politiker fundiertere und präzisere Analysen durchführen. So können sie beispielsweise Steuerreformen, Bildungspolitik oder arbeitsmarktbezogene Interventionen besser beurteilen und optimieren.